Nachhaltigkeitsbeuauftragte: „Es geht immer noch besser“
Mechernich-Obergartzem/Lohmar – Ein verantwortlicher Umgang mit natürlichen Ressourcen ist auf den Krewelshöfen in Obergartzem und Lohmar schon immer selbstverständlich gewesen. Etwas, was der Familie Bieger (die die beiden Höfe betreibt) ebenso wie vielen anderen Bauern auch von ihrem Grundverständnis als Landwirte heraus am Herzen liegt. Doch je mehr man sich mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt, desto klarer wird: „Es gibt immer noch etwas, was man besser machen kann“, erklärt Maria Hartmann. Seit Beginn des Jahres ist sie die offizielle Nachhaltigkeits-Beauftragte auf dem Krewelshof.
Schon in der Vergangenheit hat Maria Hartmann, die gelernte Landwirtin ist und auf dem Krewelshof Eifel sowohl als Kunden-Betreuerin als auch in der Hofbäckerei arbeitet, immer wieder Neues angestoßen, um nachhaltige Alternativen in Produktion und Vertrieb der Krewelshöfe zu etablieren. Als sie von der Familie Bieger gefragt wurde, ob sie künftig als offizielle Beauftragte die Nachhaltigkeit im Familienunternehmen voranbringen wolle, musste sie nicht lange überlegen.
Mehrweg statt wegwerfen
„Meist sind es kleine Sachen, zum Beispiel, dass wir unseren Tee im Hofcafé jetzt lose anstatt im Beutel anbieten. Im vergangenen Jahr haben wir für Essen und Getränke zum Mitnehmen von Styroporbehältern auf ein pfandbasiertes Mehrwegsystem umgestellt. So kann natürlich viel Müll vermieden werden“, so Maria Hartmann. Auch Lebensmittelabfall möchte das Krewelshof-Team vermeiden: „Bei unseren Buffets gibt es zum Beispiel keine Tabletts, um Übermengen an Resten zu begrenzen und ein geruhsames, langsameres Genießen zu fördern“, sagt Hof-Betreiberin Danielle Bieger, denn: „bei jeder unser Handlungen müssen wir das Morgen und auch das Übermorgen im Blick behalten.“
Im Hofladen setzt man auf viele eigene, regionale Produkte und wo möglich auf kurze Lieferwege.
Insgesamt sind die Krewelshöfe schon lange nachhaltig unterwegs. So wurde der Krewelshof bereits im Jahr 2003 mit der „futur eins“ der Verbraucherzentrale NRW für nachhaltige Produktion ausgezeichnet. Hofeigene Produkte, ob vom Feld oder aus den Manufakturen, werden direkt vor Ort im Hofladen sowie in der Küche verwendet, auch in täglich wechselnden vegetarischen und veganen Gerichten.
Brote und Brötchen aus der Hofbäckerei, die auch am nächsten Tag nicht zum halben Preis verkauft werden, werden am zweiten Tag an die eigenen Ziegen in Lohmar verfüttert. Überschüssiges Obst und Gemüse wird zu Marmeladen und Sirups, Pesto und Suppen verarbeitet.
Und gerade weil die Nachhaltigkeit eine so große Rolle auf den Krewelshöfen spielt, legt Maria Hartmann nun seit Beginn des Jahres ganz bewusst ihr Augenmerk auf weitere Veränderungsmöglichkeiten. Dabei ist sie auch Ansprechpartnerin für Kunden und Mitarbeiter, die sich mit Ideen und Vorschlägen direkt an sie wenden können.
Ihr neuestes Projekt: Eine Alternative zu den Plastiktüte, in denen die Äpfel aus eigenem Anbau bisher verkauft wurden. „Wir haben uns schon auf Messen informiert, aber Bio-Plastik ist keine gute Lösung, denn in Deutschland ist es gar nicht kompostierbar. Stattdessen könnten Körbe aus Pappe eine gute Möglichkeit sein, in denen der Kunde unsere schönen Äpfel auch sehen kann.“ Und die stehen jetzt schon vollgepackt mit rotbackigen Äpfeln in einem großen Regal im Hofladen.
Nachhaltige Klebstoffe
Kürzlich eingeführt wurden auf den Krewelshöfen auch nachhaltige Klebstoffe, mit denen die Etiketten auf den hofeigenen Produkten befestigt werden. „Wo es möglich ist, binden wir die Etiketten einfach mit Bast fest, zum Beispiel an unseren selbstgemachten Likören. Aber an unseren vielen Säften und Marmeladen müssen die Etiketten festgeklebt werden. Nachhaltige Klebstoffe verzichten zum Beispiel auf Lösungsmittel und setzen vor allem auf Inhaltsstoffe natürlichen Ursprungs.“
Nachhaltigkeit betrifft allerdings nicht nur den schonenden Umgang mit Umwelt und Ressourcen, sondern auch soziale und ökonomische Aspekte. So setzt das Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit, das die Europäische Union in den 1990er-Jahren eingeführt hat, auf ein ausgeglichenes Verhältnis eben dieser drei Aspekte: ökologische, soziale und ökonomische Nachhaltigkeit.
Drei-Säulen-Modell
Wie dieses Drei-Säulen-Modell praktisch angewandt werden kann, lässt sich am Beispiel der Erdbeer-Produktion auf dem Krewelshof darstellen. In einem speziellen Folientunnel wachsen die Erdbeeren in erhöhten Regalen, wo sie über den Rand hinaus wachsen können anstatt auf feuchtem Stroh und Erde zu liegen. Da wird das Erdbeerpflücken glatt zur Lieblingsbeschäftigung.
Bei gleichzeitiger punktgenauer Bewässerung über Spaghetti-Schläuche aus dem hofeigenen Rückhaltebecken sowie durch die Bestäubung mittels Nützlingen – wie eigens dafür eingesetzten Hummeln – haben Schädlinge und Pflanzenkrankheiten kaum eine Chance. So muss Bauer Theo Bieger auch nicht mit Spritzmitteln entgegenwirken. Erdbeeren, die nicht verkauft werden, werden auf dem Krewelshof zu Marmeladen, Sirup oder Erdbeersecco weiterverarbeitet. Viele Pluspunkte also auf der ökologischen (umweltbezogenen) Säule.
In der ökonomischen (wirtschaftlichen) Säule geht es vor allem um nachhaltiges Wirtschaften und langfristige Strategien. Bauer Theo Bieger ist immer auf der Suche nach Innovationen in der Landwirtschaft und ist auch mit seinen „Erdbeerhäusern“ einen Schritt voraus. Sowohl der Schutz vor Temperaturschwankungen als auch die genaue Bewässerung über das Regenauffang-System mit einem eigenen Bewässerungs-Teich machen die Produktion langfristig weniger abhängig von den Folgen des Klimawandels.
Mensch im Mittelpunkt
Auch im Bereich der sozialen (gesellschaftlichen) Säule hat der Krewelshof einiges zu bieten. Hier steht der Mensch im Mittelpunkt – sowohl die Mitarbeiter des Familienunternehmens, als auch die Kunden, deren Zufriedenheit das A und O ist. Neben fairen Arbeitsbedingungen, Pausen und kurzen Schichten für die Mitarbeiter und Erntehelfer (zum Beispiel auch Studenten aus der Region) und der direkten Vermarktung der Erdbeeren vor Ort (ganz ohne zusätzliche Lieferkosten und CO2-Ausstoß) setzt der Krewelshof mit den Hochregalen auch auf rückengesundes Arbeiten für die Mitarbeiter.
Der Clou an der Nachhaltigkeit: Sie zahlt sich aus. Und das sowohl durch zufriedene Kunden und Mitarbeiter, die sich mit dem Unternehmen und seinen Zielen identifizieren, als auch, wenn es um die wirtschaftliche Bilanz geht. Während ein Unternehmen zu Beginn häufig mehr Geld für innovative Technik und nachhaltige Rohstoffe in der Verarbeitung ausgeben muss, rentiert sich nachher doch der Einsatz für Mensch und Umwelt auf lange Sicht.
Gerade Landwirte wie auch Familie Bieger profitieren vom bewussten Umgang mit der Natur, denn nur so kann wirklich hochwertiges Obst und Gemüse angebaut werden. Und wer sich möglichst unabhängig von äußeren Einflüssen macht, kann mit einem weitgehend stabilen Ertrag rechnen. So können beispielsweise auf den Krewelshöfen in Obergartzem und Lohmar von April bis Oktober an 180 Tagen im Jahr frische Erdbeeren gekauft werden.
Danielle Bieger: „Viele Wege können zu mehr Nachhaltigkeit führen. In meinen Augen ist es die Aufmerksamkeit und Achtsamkeit für unsere Umwelt und unsere Ressourcen – und ganz besonders die Wertschätzung unserer aller Arbeit. Unsere Erde ist ein Geschenk, das wir an unsere Kinder weitergeben möchten.